Planen ist Arbeit, for fuck’s sake!

Gerade bei den Hobbyprojekten, an denen ich bisher mitgearbeitet habe, hat man das Problem mit der Planung sehr deutlich gesehen: Da haben wir uns schon getroffen, stundenlang miteinander geredet und am Ende des Tages hatten wir ein bisschen Beispielcode, mit dem wir lediglich eine Bibliothek testen konnten, die wir verwenden wollten. Abgesehen davon gab es keine einzige Zeile Code für unser eigentliches Projekt.

Kurz in Zahlen: Wir waren ungefähr 5 Leute und hatten ungefähr 4 Stunden. Zusammen waren das also 20 Personenstunden und kein Ergebnis.

Der Fehler

Kein Ergebnis? Autsch! Leider hab ich diese Ansicht schon viel zu oft gehört und sie bereitet mir echt Bauchschmerzen! Also zunächst mal die Analyse. Wo kommt diese Ansicht überhaupt her?

Bei Hobbyprojekten mag es scheiß egal sein, wenn es langsam geht und sich der Plan auch mal ändert. Meine Erfahrung in Start-ups war allerdings die, dass wir wahlweise Investoren oder Kunden im Nacken haben, die möglichst schnelle Fortschritte sehen wollen. Ganz besonders bei gemeinsamen Projekten mit Kunden kommt dann auch noch dazu, dass es als Start-up schwierig ist, allen Kunden gleichermaßen stabile Abläufe zu gewährleisten, wenn wir eigentlich erstmal intern Routine in der Abwicklung von Projekten aufbauen müssen.

Da kommt schnell das Gefühl auf, wir müssten jede Minute in Code stecken, um Kunden glücklich zu machen. Bis zu einem gewissen Grad funktioniert das auch super, dass Projekte durch stumpfes Ranklotzen noch gerockt werden können. Allerdings skaliert das einfach irgendwann nicht mehr. Dann kochen alle ihr eigenes Süppchen und am Ende kommt ziemlich sicher kein Produkt raus, das alle verstehen und mit dem alle schnell neue Projekte umsetzen können.

Problematisch ist hier, dass die Umsetzung des Plans als die „eigentliche Arbeit“ betrachtet wird, der die Planung wertvolle Zeit klaut. Darüber hinaus hab ich den Eindruck, dass oft das Bewusstsein dafür fehlt, für was alles eine Planung gut sein kann.

Haben wir einen Plan?

Wie schon Mike Tyson so passend formuliert hat: „Everybody has plans, until they get hit.“ Im Grunde genommen hat in einem Start-up jeder seine eigene Version einer Ahnung, was getan werden muss und wo die Reise hingehen soll. Solange nicht viel ansteht und alle alles noch ein bisschen im Blick haben, ergibt sich aus diesen Ahnungen vielleicht irgendwie ein Durchschnitt. Sobald allerdings die Last steigt, verschwindet jeder einzelne immer öfter in seinem persönlichen Tunnel, um etwas fertig zu bekommen.

An der Stelle wird es problematisch, weil die verschiedenen Ahnungen jetzt auf sich allein gestellt sind. Eine ordentliche Planung kann jetzt dafür sorgen, dass alle das gleiche Ziel vor Augen haben und nicht voneinander weg entwickeln.

Darf es ein bisschen dümmer sein?

In meiner Erfahrung wurde die Planung relativ klein gehalten, ganz getreu dem Motto: „Wir wissen ja alle, was wir tun und müssen es jetzt nicht zu kompliziert machen.” Guess what? Wir wissen einen Scheiß, was wir tun!

Dazu eine kleine Anekdote: Ein neuer Entwickler sollte unser Team bereichern. Er kam frisch von der Uni und war gerade erst dabei, sich mit unseren Technologien vertraut zu machen. Jetzt hat er zum ersten Mal an unserer Planung teilgenommen, hat von einer ausstehenden Aufgabe gehört und in die Runde gefragt, wie wir das umsetzen wollten.

Wir hatten zunächst mindestens so viele Vorschläge zur Implementierung im Raum wie Entwickler am Tisch. Das Ergebnis war allerdings:

  • Nach einer kurzen Diskussion hatten wir im Ergebnis noch eine Variante, die für alle sinnvoll erschien.
  • Der neue Entwickler hat genug gelernt, um die Aufgabe selbst lösen zu können.
  • Unsere Planung ging rückwirkend betrachtet besser auf.
  • Unsere Planung hat allerdings auch ein bisschen länger gedauert.

Pläne funktionieren selten so, wie man es sich anfangs ausmalt. Im Laufe der Entwicklung tauchen neue Probleme auf, Anforderungen ändern sich und manchmal hat man sogar Glück und Probleme lassen sich schneller und einfacher lösen als gedacht.

Dennoch zeigt mein Erlebnis hier, dass eine gute Planung sehr weitreichende Effekte hat und damit ihre Zeit wert ist, auch oder gerade, wenn sie regelmäßig über den Haufen geworfen wird. Um an dieser Stelle mal Dwight D. Eisenhower zu zitieren (der an dieser Stelle auch nur wieder jemanden zitiert, aber da verläuft sich die Spur so langsam): „Plans are worthless, but planning is everything.“

Fazit

Nichts ist von vorne herein einfach. Planung kann es allerdings einfacher machen. Dabei finde ich es besonders wichtig, dass man sich selbst in der Planung nicht zu cool vorkommt und lieber ein Level zu dumm abklärt, wie man etwas angeht, anstatt sich ständig vorzumachen, man wisse, was man tut. Sonst verschwendet man nämlich tatsächlich haufenweise Zeit mit Planung.

Dann ist das Ergebnis der Planung ein besseres, gemeinsames Verständnis und die spätere Implementierung wird einfacher. Man könnte es auch so formulieren, dass die Implementierung eben nicht erst mit der ersten Codezeile, sondern schon bei der Planung – oder noch früher – beginnt und eben bereits ein wichtiger Teil der eigentlichen Arbeit ist.

Bei unseren Hobbyprojekten war es schon öfter so, dass wir alle völlig verschiedene Vorstellungen davon hatten, was am Ende eigentlich rauskommen soll. Nach etwas Planung waren wir eher auf einer Linie und konnten eigentlich dann erst überhaupt anfangen. Und wir hatten noch ein paar geile Burger gebraten.

2 Antworten auf „Planen ist Arbeit, for fuck’s sake!“

  1. Ich strenge mal die Vermutung an, dass in den 20 Personenstunden nicht nur Däumchen gedreht wurde. Das Problem dürfte eher die Messlatte sein, die du angelegt hast. Es mag zwar vielleicht kein am Produkt messabrer Fortschritt erzielt worden sein, aber vielleicht bei den Prozessen. Oder dem Tooling. Oder einfach nur weil die Leute umdenken mussten, denn mentale Kontextwechsel sind teuer. Diese (zumeist) Einmalkosten fallen natürlich auf lange Sicht ziemlich unter den Tisch, aber gerade bei Hobbyprojekten in erheblichem Maße an. Sollte man auch bedenken.

    Ich habe das gefühl, dass du eigentlich auch gegen diese doofe sicht mit den scheinbar vielen Personenstunden argumentierst, das kommt aber erst später (zu spät?) raus. Sie argumentativ zu verwenden finde ich fragwürdig, weil ich dir sonst auch zwei Kopien vom Mythical Man-Month schenken muss, damit du sie doppelt so schnell lesen kannst. 😉

    1. Klar, in den 20 Stunden ist einiges passiert. Die Vorstellungen, was bei dem Projekt rauskommen soll, waren ursprünglich sehr verschieden und da musste erstmal viel passieren. Die Zusammenfassung, was das gebracht hat, kommt tatsächlich erst ganz am Schluss. Allerdings hab ich die Ansicht schon ganz zu Beginn als Fehler bezeichnet 😕

      Insgesamt sind wir da wohl eigentlich ähnlicher Meinung, vielleicht muss ich nur noch einen Blink-Tag an die wichtige Zeile dranhängen 😛

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